Ist es Zeit für Carbon Removal?
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Jedes Jahr stößt die Menschheit etwa 35-40 Milliarden Tonnen CO2 aus. In den letzten Jahrzehnten wurden große Anstrengungen unternommen, um diesen Ausstoß zu verlangsamen. Aber das könnte nicht ausreichen, um den Klimawandel auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Jetzt versuchen Hunderte von Unternehmen, Kohlenstoff nicht nur zu binden, sondern ihn ganz aus der Atmosphäre zu entfernen.
Wie funktioniert Carbon Removal?
Carbon Removal bezeichnet den Prozess, bei dem CO2 der Atmosphäre physisch entnommen und dauerhaft in Kohlenstoffsenken gespeichert wird. Innovationen finden hier in den unterschiedlichsten Bereichen statt: von der Technologie über die Finanzierung bis zu wichtigen Projektentwicklungen.
Was die Technologie betrifft, so sind Biokohle und Bioöl sehr vielversprechend. Biokohle wird beispielsweise gewonnen, wenn landwirtschaftliche Reststoffe mit sehr wenig Sauerstoff verbrannt werden. Ein Teil des Kohlenstoffs, den die Pflanzen aufgenommen haben, wird so für mehrere Jahrzehnte in der Kohle gespeichert. Wird Biokohle der Erde beigemischt, verbessert sich auch die Bodenqualität. Carbon Removal Bioöl funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip.
Natürliche Carbon-Removal-Strategien sind die Wiederaufforstung und eine regenerative Landwirtschaft. Auf dem Vormarsch sind auch hybride Strategien, z. B. verbesserte Hackfrüchte. Zu anderen naturbasierten Kohlenstoffabbauverfahren gehört insbesondere die Reduktion der Entwaldung. Auch Verfahren wie die Kohlenstoffentfernung aus dem Meer könnten langfristig eine Zukunft haben.
Eine der interessantesten technologischen Entwicklungen ist die direkte Luftabscheidung. Bei dem Verfahren wird CO2 aus der Luft aufgenommen und gebunden. Direkte Luftabscheidung ist ein weit gefasster Begriff, und zahlreiche Unternehmen nutzen verschiedene technologische Ansätze.
Carbon Engineering zum Beispiel verwendet Hydroxide als flüssige Lösungsmittel. Climeworks und Global Thermostat konzentrieren sich auf Amine-Sorbentien und Temperaturwechsel-Technologien. Ansätze, die sich noch in einem frühen Stadium befinden, sind das Electric-Swing- oder das Moisture-Swing Sorbent-Verfahren. Sie werden wie andere ionische und elektrochemische Methoden von Unternehmen wie Mission Zero, PSI, Infinitree und Carbon Collect entwickelt. Die direkte Abscheidung aus der Luft ist eine sehr junge Technologie, die trotz ihrer noch fehlenden Wirtschaftlichkeit von der US-Regierung unterstützt wird.
Die Wirtschaftlichkeit von Carbon Removal
Das US-amerikanische Wachstumsprogramm, der Inflation Reduction Act (IRA), sieht den Kauf von Emissionsgutschriften für Carbon Removal zu einem Preis von 180 US-Dollar pro Tonne CO2 vor. Das übersteigt einerseits den derzeitigen Marktpreis von 85 US-Dollar für die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) deutlich. Andererseits ist es deutlich weniger als der Break-Even-Punkt für viele Carbon-Removal-Unternehmen. Deren Kosten liegen derzeit zwischen 500 und 700 US-Dollar pro Tonne. Aber die Preise werden voraussichtlich sinken, wenn die Technologie ausgereift ist und mehr Projekte in Betrieb gehen. Außerhalb der USA prüft die norwegische Regierung eine umgekehrte Steuergutschrift für die direkte Luftabscheidung in Höhe von etwa 2.000 norwegischen Kronen pro Tonne CO2. Das sind etwa 180 Euro oder rund 200 US-Dollar pro Tonne.
Einige Carbon-Removal-Projektentwickler haben detaillierte Zahlen zu den Kosten ihrer Pilot- und Demonstrationsprojekte vorgelegt. Die ersten Iterationen sind recht teuer. Im weiteren Zeitverlauf ist zu erwarten, dass die Kosten um 20 bis 40 Prozent sinken werden.
Neben der IRA-Gesetzgebung der Biden-Regierung hat das US-Energieministerium 3,5 Milliarden US-Dollar für die Entwicklung von vier Zentren zur direkten Luftabscheidung in den USA bereitgestellt. Das erste soll in Louisiana aufgebaut werden. Ein weiteres ist im Permian Basin, das in den beiden US-Bundesstaaten Texas und New Mexico liegt, geplant. Diese Art von Projektarbeit sorgt für wichtige Innovationen im Bereich Carbon Capture und Carbon Removal.
Wie werden Carbon-Removal-Technologien finanziert?
Der Löwenanteil des Kapitals für die Kohlenstoffentfernung stammt von Unternehmen, die CO2-Reduktionsvorschriften einhalten müssen sowie aus staatlichen Investitionen. Aber ein überraschend hoher Anteil – der zudem schnell wächst – wird freiwillig geleistet. Hintergrund: Viele namhafte Unternehmen wollen ihre eigenen Netto-Null-Kohlenstoffziele schnell erreichen und sind dazu bereit, mit Organisationen für CCS und Carbon Removal zusammenzuarbeiten – siehe unter anderem die Unternehmen Microsoft, Shopify und Zendesk. Die Unternehmen finanzieren Carbon-Removal-Projekte auf drei verschiedene Wege. Sie können sich an einen Makler wenden, auf Marktplätze zurückgreifen oder direkte Zahlungen an die Klimaschutzunternehmen leisten.
Die letzte dieser Methoden wird immer beliebter. So waren früher die größten Käufer auf dem Carbon-Removal-Markt Makler wie Bluesource, South Pole oder 3Degrees. Heutzutage sind einige der größten Käufer die Marktplätze selbst: Unternehmen wie Patch, Puro.earth und Pledge kaufen freiwillige Gutschriften auf und geben sie über die eigenen Marktplätze an Kunden weiter. Das Gesamtvolumen des freiwilligen Marktes beträgt heute etwa eine Milliarde Dollar pro Jahr, könnte aber bis 2030 auf zehn bis 25 Milliarden Dollar anwachsen. Dieser freiwillige Markt, auch wenn er aktuell verglichen mit den anderen Märkten noch klein ist, bietet neben dem Wachstumspotenzial zahlreiche Innovationen bei Investitionen und Projektentwicklungen. In ihrer Gesamtheit sind die drei innovativen Elemente – Projektentwicklungen, technologische Entwicklungen und freiwillige Märkte – gute Indikatoren dafür, wohin sich der Markt für Carbon Removal entwickeln wird.
Über Michael Blakemore
Michael Blakemore ist Inhaber und Direktor seiner eigenen Beratungsfirma Michael J. Blakemore. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Energie-, Rohstoff-, Chemie- und Infrastruktursektor. Zu seinen jüngsten Projekten im Bereich der Energiewende gehören Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, direkte Luftabscheidung, blauer Wasserstoff (SMR, ATR) und türkisfarbener Wasserstoff (Pyrolyse). Zuvor war Michael Blakemore auch Senior Advisor bei der Westwood Global Energy Group, Director und Global Advisor bei KBR und Senior Advisor bei der Boston Consulting Group. Darüber hinaus verfügt er über operative Erfahrungen bei BP und ExxonMobil in den Bereichen Raffinerie und Spezialprodukte sowie Versorgung, Vertrieb, Marketing und Handel.
Dieser Artikel basiert auf der der GLG Telekonferenz „Carbon Removal Technologies and Markets”. Wenn Sie Zugang wünschen oder mit Experten wie Michael Blakemore bzw. einem unserer mehr als 1 Million Branchenexperten sprechen möchten, kontaktieren Sie uns.
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