Herausforderungen in der Wertschöpfungskette von Elektrofahrzeugen
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Hersteller von Elektrofahrzeugen (EV) stehen vor einem Dilemma: Sie müssen sich den Zugang zu Metallen, Mineralien und Molekülen für die Batterien sichern, die ihre Autos antreiben. Das ist ein sehr langatmiger Prozess. Gleichzeitig wollen sie möglichst schnell ihre EV-Produktion hochfahren. Diese beiden Ziele miteinander in Einklang zu bringen, kann schwierig sein.
EV-Materialien und Marktkräfte
Rohstoffe für die Wertschöpfungskette von Elektrofahrzeugen bereitzustellen, dauert viele Jahre und erfordert Zusammenarbeit und präzise Planung. Der Prozess ist aufgrund langer Wertschöpfungsketten langwierig: Bergbau, Verarbeitung, Raffination, Materialumwandlung und -aktivierung, Zell- und Batteriepackherstellung und schließlich – am Ende der Kette – die EV-Plattform eines Automobilherstellers.
OEMs können weiterhin den größten Teil des Prozesses auslagern und mit anderen Herstellern um Zulieferungen und Fachwissen mit Dritten konkurrieren, aber dies unterwirft ihr Geschäft den Marktkräften und der heute dominierenden asiatischen Zuliefererbasis. Automobilhersteller können aber auch ihre Materialversorgung sichern und ihre Kosten besser kontrollieren, beispielsweise indem sie direkt in eine Mine investieren. Bisher lag ihr Fokus jedoch eher auf Partnerschaften in der Zellherstellung und Batterieproduktion.
Traditionell hat die EV-Wertschöpfungskette auf der Grundlage des Wasserfall-Prinzips operiert:
- Automobilhersteller schließen Verträge mit Zellherstellern ab.
- Die Zellhersteller schließen Verträge mit den Herstellern aktiver Materialien ab.
- Die Hersteller von aktiven Materialien schließen Verträge mit Rohstofflieferanten ab, usw.
Automobilhersteller haben nun begonnen, direkt mit den vorgelagerten Partnern in der Produktion (Bergbau, Raffination und aktives Material) Verträge abzuschließen. Allerdings ist unsicher, wie koordiniert die Strategie angesichts der vielen Schritte und Akteure in der Wertschöpfungskette tatsächlich umsetzbar ist.
Herausforderungen in der EV-Wertschöpfungskette
Die erforderliche Koordinierung stellt eine große Herausforderung dar. Die Rohstoffquellen müssen mindestens drei bis vier Jahre vor dem Beginn der Fahrzeugproduktion einsatzbereit sein, die Raffinerien müssen kurz nach der Mine in Betrieb genommen werden, und so weiter. Nur so können sich die Akteure bis hin zu den Automobilherstellern für die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Elektrofahrzeugen qualifizieren. Will ein Automobilhersteller 2025 eine Mine oder eine Raffinerie in Betrieb nehmen, ist er mit dem heutigen Qualifikationsmodell bereits zu spät dran.
Die Geschwindigkeit der EV-Produktion steht im krassen Widerspruch zu der Notwendigkeit, die Materialien zu qualifizieren. Eine ausreichende Materialversorgung steht bereits in Frage. Eine Anpassung ist erforderlich, um zu verhindern, dass Rohstoffe zu einem größeren Engpass für den Aufbau des EV-Marktes werden.
EV-Integration und Partnerschaften
Einige Automobilhersteller streben an, die mittleren Teile der Wertschöpfungskette zu übernehmen. Das könnte die Qualifikationszeit möglicherweise verringern. Volkswagen hat beispielsweise sein eigenes Unternehmen für die Zellherstellung, PowerCo, gegründet und ist eine Partnerschaft mit Umicore eingegangen, um sich den Zugang zu aktivem Kathodenmaterial zu sichern. BYD – ein Unternehmen, das mit der Batterieherstellung begann – hat sich auf die Automobilproduktion verlegt und ist heute der größte Hersteller von Elektrofahrzeugen in China. Auch dieses Unternehmen hat an der Integration von Zell- und Aktivmaterialherstellung gearbeitet und investiert in vorgelagerte Bereiche. CATL ist beiden mit Blick auf die vorgelagerte Integration voraus und verfügt über Investitionen in aktive Materialien und Rohstoffe – für die Automobilhersteller ein attraktiver Partner. Der Integrationsgrad bei anderen chinesischen sowie südkoreanischen und japanischen Zellherstellern ist unterschiedlich. Sie verfügen über enge Geschäftsbeziehungen, auch wenn es keine gegenseitigen Beteiligungen gibt.
Bisher hat die stärkste Integration in der Wertschöpfungskette in Asien im vorgelagerten Bereich stattgefunden. Das Fachwissen im Bereich der Raffination und Verarbeitung von Rohstoffen ist der Produktion aktiver Materialien zumindest in Bezug auf Ausrüstung und Standorte näher als der Herstellung von Batterien und Elektrofahrzeugen (die beide weitgehend die Montage vieler Teile beinhalten). Es ist sinnvoll, viele dieser Schritte unter einem Dach durchzuführen, da man so Dienstleistungen gemeinsam nutzen kann – das verspricht mehr Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit, wenn es um Kosten geht.
China, Südkorea und Japan sind in dieser Hinsicht seit langem führend, und es dürfte nicht überraschen, dass chinesische Unternehmen die vorgelagerte Wertschöpfungskette dominieren. Denn sie setzen schon lange auf strategische Rohstofflieferungen und tätigen unter anderem erhebliche Investitionen im Ausland. Sie verfügen auch über starke Partnerschaften mit Midstream-Akteuren.
Ford und Tesla: Gelernte (und noch zu lernende) Lektionen
Um die potenziellen Probleme zu veranschaulichen, mit denen Automobilhersteller konfrontiert sind, betrachten wir Ford als Beispiel. Das Unternehmen ist im Vergleich zu Tesla vergleichsweise spät auf den Markt für Elektrofahrzeuge gekommen. Ford plant derzeit, seine EV-Produktionsziele im Einklang mit der US- und der EU-Politik voranzutreiben, und prognostiziert die Herstellung von mindestens zwei Millionen EVs bis 2027. Das Unternehmen hat dargelegt, wie es seine Ziele erreichen will. Die Ankündigung umfasste fünf bis zehn Schlüsselbeziehungen mit Zulieferern, die der Fahrzeugproduktion vorgelagert sind – darunter einige Zellhersteller, einige Hersteller von aktiven Materialien und viele Produzenten von Rohstoffen.
Fords Ambitionen bei der Fahrzeugelektrifizierung belaufen sich auf etwa 150.000 Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent (t LCE). Das entspricht dem 25-fachen des Verbrauchs aus dem Jahr 2021, als Ford 50.000 EVs auslieferte und weniger als 5.000 t LCE verbrauchte. Ford muss nun die notwendigen Rohstoffe finden: Reichen vier Jahre aus, die 2027-Ziele zu erreichen?
Tesla ist in dieser Hinsicht weiter. Das Unternehmen verfolgte zu Beginn verschiedene Ansätze zur Rohstoffversorgung. Aufgrund seiner Erfahrungen setzt es nun auf Verträge mit etablierten Lieferanten, plant weiter im Voraus und entwickelt auch eigene Raffination mit Hilfe von Rohstoffprojektpartnern – wenn auch immer noch ohne Vorabinvestitionen. Letztlich hat Tesla dafür votiert, zuverlässige Partner auszuwählen, die schneller in die Produktion einsteigen können.
Weitere etablierte Automobilhersteller folgen Teslas Vorgehensweise, können aber nur auf begrenzt zur Verfügung stehende Supply-Optionen zugreifen. Volkswagen geht die Integration vielleicht etwas anders an als Tesla, aber seine Wertschöpfungskette könnte sich in der Zukunft ähnlich entwickeln wie die von Tesla. Doch die mangelnde Erfahrung, schnell ins Segment einzusteigen, wird wahrscheinlich zumindest einen Teil der Pläne von Volkswagen – und Ford – behindern. Technologie könnte Abhilfe schaffen, zum Beispiel durch eine neue Zellchemie. So könnten die strategischen Engpässe bei der Rohstoffversorgung verringert werden. Finanzielle Anreize wie zum Beispiel der Inflation Reduction Act der US-Regierung helfen, um die Rohstoffverarbeitung und Investitionen in aktive Materialien zu fördern. Aber beides wird alle Herausforderungen wahrscheinlich nicht kurzfristig lösen. Letztendlich werden die aggressiven EV-Produktionsziele wahrscheinlich verfehlt werden.
Über Robert Baylis
Robert Baylis hat 15 Jahre Erfahrung in der Unternehmens- und Marktanalyse von Rohstoffen, Handel und Beratung. Zuletzt war er ein Wertschöpfungskettenexperte, der für die Strategie der Metall-Lieferkette (Nickel, Kobalt, Lithium) der Batteriematerialien von Johnson Matthey verantwortlich war. Davor leitete er Roskill fast zehn Jahre lang als Geschäftsführer und hatte gleichzeitig die Verantwortung für die Beratungsaktivitäten des Unternehmens.
Dieser Artikel zur Automobilindustrie ist dem GLG Webcast „Battery Value Chain – Raw Materials Resourcing” entnommen. Wenn Sie Zugang zu dieser Veranstaltung haben möchten oder mit Experten wie Robert Baylis bzw. einem unserer mehr als eine Million Branchenexperten sprechen möchten, kontaktieren Sie uns bitte.
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